Project Erbse - minimaler Aufwand, maximale Freiheit

 


 

 

Nachdem der Umzug geschafft war und ich all meine Habseligkeiten von Deutschland nach Polen transportiert hatte, stand ich vor einer entscheidenden Frage:
Was mache ich mit meinem Kastenwagen?

Es handelt sich um einen Sprinter Baujahr 2009, Größe H2L2 – also mittellang und mittelhoch. Mittlerweile hat er fast 360.000 Kilometer auf der Uhr und eine Karosserie, die definitiv etwas Zuwendung braucht. Rost, Rost, Dellen, Drücker – und ja, noch mehr Rost.

Technisch gesehen steht der Wagen allerdings erstaunlich gut da. Ich fahre ihn seit fast zehn Jahren und habe ihn in dieser Zeit relativ schonend behandelt. Dafür hat sich der Benz mit absoluter Zuverlässigkeit revanchiert. Abgesehen von normalen Verschleißteilen wie Bremsen und Reifen sind in den letzten Jahren lediglich zwei größere Dinge kaputtgegangen:
Der Ansaugkrümmer (leider aus Kunststoff) ist gerissen und die Kardanwelle hat irgendwann ihren Dienst quittiert.

Unterm Strich bin ich damit mehr als zufrieden. Mein Vertrauen in dieses Fahrzeug ist sehr hoch – so hoch, dass ich mich nur äußerst ungern von ihm trennen würde.

Nach langem Hin und Her habe ich schließlich eine Entscheidung getroffen: Den ursprünglichen Plan, ein fertiges Wohnmobil zu kaufen, habe ich verworfen. Stattdessen will ich mir meinen Traum vom Eigenheim auf Rädern selbst erfüllen und den Sprinter zum Wohnmobil ausbauen.


Warum es ein langes Hin und Her war

Bevor man sich für ein Wohnmobil entscheidet – oder es selbst ausbaut – sollte man sich meiner Meinung nach über eine grundlegende Sache im Klaren sein:
Was will ich eigentlich mit einem Wohnmobil machen?

Wo möchte ich überall hin?
Bleibe ich hauptsächlich auf befestigten Straßen oder will ich auch mal abseits, in der Pampa, unterwegs sein?
Geht es nur auf Campingplätze oder möchte ich möglichst autark stehen können? Und wenn ja: Wie lange?
Einmal auf einen Campingplatz fahren und dort den gesamten Urlaub verbringen – oder lieber mobil sein, die Gegend erkunden und ständig den Stellplatz wechseln?
Will – oder muss – ich das Fahrzeug vielleicht sogar als Alltagsauto nutzen?

Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, geht es an das Thema Ausstattung.
Was brauche ich wirklich?
Was wünsche ich mir?
Was muss unbedingt sein – und worauf kann ich verzichten?

Dann folgen die Detailfragen:
Wie soll das Bett angeordnet sein – oben oder unten, längs oder quer zur Fahrtrichtung?
Brauche ich eine Dusche und eine Toilette?
Wo soll die Küche hin und wie soll sie aufgebaut sein?
Wo finden Schränke und Regale ihren Platz?

Auch technische und rechtliche Aspekte spielen eine Rolle.
Bleibt die Trennwand drin oder kann sie raus?
Falls sie entfernt wird: Ist eine Umschreibung von LKW auf Wohnmobil nötig?
Dazu kommen Themen wie Fenster, Elektrik, Abwasser und Dämmung.
Solaranlage, Zusatzbatterien, Markise – die Liste wird schnell lang.

Und als wäre das alles noch nicht genug, stellt sich am Ende auch noch die Frage nach der Optik:
Wie soll es innen aussehen?
Und außen?
Welcher Lack, welche Farben – schlicht, auffällig oder irgendwo dazwischen?

All diese Punkte wollten durchdacht werden. Und genau deshalb hat es so lange gedauert, bis die Entscheidung wirklich feststand.

Nicht komplett fest – aber fest genug, um irgendwo anzufangen. Und vor allem fest genug, um ein Wohnmobil mit zunächst provisorischer Ausstattung auf die Räder zu stellen und es im echten Einsatz testen zu können.


Die ersten Entscheidungen

Für den Anfang haben wir uns daher für folgende Lösungen entschieden:

Lack und Optik außen

Beim Lack werden wir nach etwas möglichst Kratzfestem suchen. Bei Abstechern in die Pampa ist der Kontakt mit Ästen und Büschen kaum zu vermeiden. Wenn schon Pampa, dann auch konsequent mit All-Terrain-Reifen.
Farblich haben wir uns außen für eine Kombination aus Grün und Schwarz entschieden.

Fenster, Dach & Belüftung

Zusätzlich kommt nur ein einziges Fenster ins Fahrzeug – schmal, mit Fliegengitter, und zwar in die Schiebetür. Da sich die Küchenzeile in diesem Bereich befinden wird, soll das Fenster beim Kochen für Frischluft sorgen. Gerade an kalten oder regnerischen Tagen, wenn die Schiebetür geschlossen bleiben muss, ist das besonders wichtig.
Auf dem Dach wird eine Dachluke für ausreichende Belüftung sorgen, zusätzlich ist ein Gepäckträger geplant. Der Zugang zum Dach erfolgt über eine Seitenleiter.

Bad, Elektrik & Technik

Auf ein konventionelles Bad mit Dusche und WC werden wir zunächst verzichten. Ebenso auf eine Solaranlage und Zusatzbatterien.
Die Trennwand zwischen Ladefläche und Fahrerkabine wird entfernt, das Fahrzeug erhält eine Wohnmobilzulassung.

Fahrerkabine

Die Fahrerkabine wird ebenfalls angepasst. Statt der bisherigen Zweierbank auf der Beifahrerseite kommt ein Einzelsitz zum Einsatz. So entsteht ein freier Durchgang nach hinten.
Beide Sitze werden mit Drehkonsolen ausgestattet, um den Wohnraum optimal nutzen zu können.

Schlafen

Das Bett wird fest verbaut sein – kein Aufklappen, Umbauen oder Verschieben.
Geplant ist eine feste Liegefläche quer zur Fahrtrichtung. Der Schlafplatz befindet sich oben, in etwa 120 cm Höhe.

Stauraum

Unterhalb des Bettes entsteht der „Kofferraum“ – ausreichend Platz für Gepäck, Ausrüstung und alles, was man unterwegs dabei haben möchte.


Nachdem unsere Eckpunkte feststanden, wollten wir uns zunächst inspirieren lassen – in Foren, auf Facebook-Seiten, Instagram und vor allem auf YouTube. Zumindest war das der Plan.

Sehr schnell habe ich allerdings eines begriffen:
Aus meiner Sicht macht das nur bedingt Sinn.

Man wird regelrecht von einer Informationsflut erschlagen. Es ist fast wie eine Lawine, die dich überrollt, mitreißt und irgendwann wieder ausspuckt – mit dem Ergebnis, dass man am Ende weniger weiß als zuvor. Plötzlich zweifelt man an seinem Plan, an der eigenen Vorstellung und sogar am Basisfahrzeug.

Warum das so ist?
Weil jeder nach seinen eigenen Bedürfnissen umbaut – was völlig legitim ist. Problematisch wird es dort, wo viele ihren eigenen Ausbau als den einzig richtigen Weg darstellen. Das konnte man in zahllosen Kommentaren sehr deutlich lesen.

Ganz ehrlich: Es ist mir ziemlich egal, wer was für richtig oder falsch hält oder welche Lösung als „billig“ abgestempelt wird. Ich baue so um, dass es für mich passt und uns glücklich macht.

Es ist mir egal, dass mein Basisfahrzeug kein nahezu neuwertiger Transporter mit wenig Kilometern ist.
Es stört mich nicht, dass keine Klimaanlage verbaut ist.
Und es interessiert mich herzlich wenig, wenn manche der Meinung sind, ein Fahrzeug ohne Bad, WC oder Solaranlage hätte den Namen „Wohnmobil“ nicht verdient.

Ist mir schlichtweg schnuppe.


Drei Dinge, die für mich zählen

1. Die Kosten
Es darf keine zigtausend Euro verschlingen. Ich brauche keine Eigentumswohnung auf Rädern.

2. Nutzung vorhandener Materialien
In erster Linie wird verbaut, was bereits vorhanden ist – sowohl Material als auch Ausstattung.

3. Maximale Flexibilität
Alles, was neu gekauft oder verbaut wird, muss mit anderen Fahrzeugen kompatibel sein.
Plug-and-Play ist hier die Zauberformel.

So können Komponenten wie Kühlschrank, Stromwandler, Stromaggregat, Heizung oder Powerbank auch in anderen Fahrzeugen genutzt werden – sei es im Porsche „Marrakesh“, auf dem Boot oder vor allem im Land Rover.
Apropos Land Rover – das wird eines der nächsten Projekte: 4×4, für alle Wege, für alle Ziele. Weltweit.

Auch im Haus oder im Garten sollen diese Dinge einsetzbar sein.

Das Ziel: maximale Flexibilität – und ein Stück Sicherheit.
Sicherheit in dem Sinne, dass ich im Fall der Fälle die Ausstattung aus dem „alten“ Wohnmobil schnell in ein anderes Fahrzeug übernehmen kann. Etwa bei einem Unfall, einem größeren Defekt oder wenn am Ende ein wirtschaftlicher Totalschaden im Raum steht.


Zeit statt Perfektion

Ein weiterer, sehr wichtiger Aspekt ist die Zeit.

Das ganze Projekt darf sich nicht über Jahre hinziehen. Es muss nicht alles sofort zu 100 Prozent fertig sein – aber es muss funktionieren. Und zwar so, dass wir jederzeit losfahren können.

Der Anspruch ist dabei klar:
Maximale Zufriedenheit bei minimalem Aufwand in möglichst kurzer Zeit.

Perfektion ist zweitrangig. Entscheidend ist, dass alles zuverlässig seinen Zweck erfüllt. Der Ausbau darf wachsen, sich verändern und sich mit den Erfahrungen unterwegs weiterentwickeln. Aber am Anfang geht es vor allem darum, mobil zu sein – nicht darum, jedes Detail bis ins Letzte auszufeilen.

Denn ein Wohnmobil, das fährt und genutzt wird, ist am Ende mehr wert als ein Projekt à la Sagrada Família – eine Baustelle für die Ewigkeit.

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