Im Großen und Ganzen ist der Porsche fertig.
Fertig für die Straße, fertig für den TÜV – aber noch lange nicht fertig für Afrika.
Das Auto steht wieder auf eigenen vier Rädern, fährt, bremst, lenkt…
aber die Liste der „Kleinigkeiten“, die noch erledigt werden müssen?
Endlos.
Und sie wird nicht kürzer.
Egal wie viele Punkte ich abhake – für jeden erledigten kommen mysterös zwei neue dazu.
Ein mathematisches Wunder der schlechten Art.
So musste ich zum Beispiel feststellen, nachdem ich den Dachgepäckträger geschweißt und lackiert hatte,
dass ich sofort die nächste Schweißaktion vor der Brust habe:
Ein Trenngitter für den Kofferraum.
Nicht aus Spaß – sondern weil sonst bei einer Vollbremsung alles, was da hinten drin liegt, zum unkontrollierten Geschossen werden könnte. Viele einzelne Geschosse.
Und dann würde es sicherlich heißen:
Gute Nacht, Marie.
Nicht für uns – Fahrer und Beifahrer wären sicher.
Aber für Ölvis wäre es vorbei gewesen.
Und das kann ich mir nicht leisten.
Denn ich brauche Ölvis.
Wer oder was ist Ölvis überhaupt?
Ölvis ist ein Teammitglied.
War er schon immer.
Seit der allerersten Rallye 2011 klebt der kleine Gummirocker an meiner Frontscheibe.
Aufgegabelt habe ich ihn an einer Autobahntanke irgendwo bei Leiptsch.
Also ein echter Sachse, durch und durch.
Er denkt sächsisch, er spricht sächsisch – und wackeln, meckern und nerven… das tut er natürlich auch sächsisch.
Aber Ölvis ist mehr als nur ein Stück Plastik am Gummifaden.
Er ist die ungefilterte Stimme im Auto:
Humor, Ironie, Chaos und Rock’n’Roll in einem.
Der Typ, der Dinge ausspricht, bevor ich sie überhaupt gedacht habe.
Mal frech, mal sarkastisch, mal überraschend weise.
Und manchmal einfach komplett daneben.
Er war von Anfang an bei den Abenteuern dabei.
Nicht bei den "richtigen" Rallyes – „zu stressig“, wie er sagt.
Aber bei allem anderen:
Sogar am Nordkap im Winter, vibrierend wie ein Weltmeister und ständig kommentierend. Oder hat er einfach nur gefroren? wer weißt das schon so genau.
Warum ich ihn brauche?
Weil im Auto zwei weibliche Stimmen gebändigt werden müssen –
meine Co-Pilotin und das Navi –
braucht es jemanden auf meiner Seite.
Jemanden mit Rückgrat.
Eventuell mit sehr viel Hartgummi.
Jemanden, der niemals schweigt.
Ölvis.
Ich würde sagen:
Das Gleichgewicht der Kräfte hängt an einem Gummifaden.
Er zieht jeden auf, motiviert, nervt, überlebt jede Panne,
kommentiert jede Entscheidung,
macht sich über alles lustig…
und vor allem: Er weiß alles. Und dann auch noch alles am besten.
Obwohl er weder Ahnung noch Intuition hat, trifft er trotzdem manchmal den Nagel auf den Kopf.
Das Einzige, was er wirklich am besten kann, ist Aufregen.
Laut, ahnungslos und herrlich hirnlos.
Oder wie er selbst sagen würde:
„Wenn’r nach Verstand suchd – der hängd ni am Schbielgel.
Der hängd am Gümmi, nu!“
Der Ölvis hat schon Platz genommen.
Den kriegt keiner mehr aus dem Auto raus –
der klebt an der Frontscheibe so fest, wie manch einer an der Bundesliga.
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